1815 bis 1866
Hannoversche Zeit
König Georg III.
von Großbritannien, bis 1815 Kurfürst, dann König
von Hannover, gliederte Ostfriesland in das Königreich Hannover
ein. 1817 begann Hannover, Ostfriesland mit den sonstigen Provinzen
des Landes gleichzusetzen - nach anfänglicher Rechtsunsicherheit
über den Status der Juden wurden schließlich neue Gesetze
und Ordnungen eingeführt. Aber auch die hannoversche Verwaltung
war daran interessiert die jüdische Bevölkerung zu begrenzen
und die Wirtschaftskraft der Juden einzudämmen. Man ging dazu
über, Gewerbescheine statt Schutzbriefe auszustellen.
1825 kommt es zu einem Zwischenfall
in Oldersum: Der reisende Jude Schaye Markus aus Plock bei Warschau
(wohl Plonsk) wird, wie aus einer Beschwerde an das Amt Emden hervorgeht,
in Oldersum von "großen Jungen mit Steinen beworfen und
an Haaren und Bart gezupft". Als er die Jungen bis zu einem
Haus verfolgt, wird er nach seinen Angaben von "ein paar Männern
verprügelt" - es versammelt sich eine große Menschenmenge.
Als die Menge von ihm abläßt, geht er zum Amtsvogt, der
jedoch nicht anwesend ist. Danach geht er zum Bauermeister (=Bürgermeister)
und besteht auf einer Bestrafung der Täter. Auch der Bauermeister
wirft ihn schließlich heraus, weshalb sich Markus anschließend
bei der Justizkanzlei in Aurich beschwert. Der Vorfall wird vom
Amt untersucht, letztendlich aber mit der Begründung eingestellt,
daß die verhörten Einwohner "anerkannt rechtliche Leute"
seien.
Die "Liste der Seelenzahl
und Wohngebäude im Flecken Oldersum vom 01.04.1842" gibt
folgende Auskunft:
Haus |
|
Wohngebäude |
männlich |
weiblich |
gesamt |
Nr.8 |
Calmer Polak |
1 |
4 |
3 |
7 |
Nr.41 |
Isaak Cohen |
1 |
3 |
3 |
6 |
Nr. 44b |
Engel Cohen |
- |
- |
1 |
1 |
Nr. 51 |
Moses Cohen |
1 |
2 |
3 |
5 |
Somit sind 19 Personen jüdischen
Glaubens ins Oldersum beheimatet, die alle in der sogenannten Neustadt
(Bereich Brückstraße, Hafenstraße, Neustadtstraße),
östlich des alten Ortskerns wohnen.
Erst 1842 wurde per Gesetz
die Rechtsverhältnisse der Juden geklärt. Insgesamt waren
Neuerungen jedoch nicht durchschlagend. Zwar wurden das Schutzverhältnis
und die Heiratsbeschränkungen aufgehoben, die Ausübung
politischer Rechte sowie von Staats- und Gemeindeämtern war
den Juden aber weiterhin nicht erlaubt.
Auch aus wirtschaftlicher
Sicht gab es Erleichterungen, Juden waren in die Zünfte auszunehmen
und durften jeglichen Handel treiben, allerdings eingeschränkt
durch zu vergebende Konzessionen. Für Oldersum liegt eine Hausiererkonzession
für Engel Cohen zum Handel mit Kurzwaren (1846 bis 1865)
sowie ein Hausierergesuch und -konzession für Calmer Polak
zum Fleischhandel (1863 bis 1865) vor (die Akten konnten noch
nicht ausgewertet werden , da sie derzeit verfilmt werden und nicht
zugänglich sind). Erst das Revolutionsjahr 1848 brachte den
ostfriesischen Juden die bereits kurzzeitig einmal besessenen Bürgerrechte.
Es gibt Hinweise darauf,
daß es in Oldersum kurzzeitig eine jüdische Schule bzw.
Religionsunterricht für jüdische Schulkinder gegeben hat.
Die Unterlagen konnten noch nicht ausgewertet werden.
Von 1858 bis 1866 war der
Kaufmann Levi Moses Cohen (1827 - 1901) Pächter der
Burg Oldersum. Levie Cohen war Viehhändler und Kaufmann und
später Pächter der Domäne Harsweg und Vorsteher der
dortigen jüdischen Gemeinde, sein Sohn Adolf Aron (1861
- 1941) war später Bürgermeister von Harsweg.
1866 bis 1871
2. Preußische Zeit
Nach dem "Deutschen Krieg"
1866 wurde das Königreich Hannover mitsamt Ostfriesland und
anderen Gebieten nördlich der Mainlinie von Preußen annektiert
und 1867 der Norddeutsche Bund gegründet. Damit waren die Ostfriesischen
Juden wieder Preußen, grundlegende Veränderungen gab es
nicht.
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