| Landarbeiterleben | | Lebensbedingungen
der Moorkolonisten | | Konfessionsvielfalt
Neustadtgödens | | Die Römer über
Ostfriesland |
| Häuptlinge |
| Herrlichkeit Jever |
| Küstenschifffahrt früher | | Upstalsboom
| | Störtebeker
|
Das schöne Bild der friesischen
Freiheit, wie es die ostfriesische Geschichtsschreibung nennt, hat eine
hässliche Kehrseite. Das bekannte Lied:
traf nur auf die besitzende
Bauernschicht zu. Die Landarbeiter die zeitlebens beim Bauern arbeiteten,
konnten - sobald sie "ihren Mund aufmachten" - gehen. "Gehen" bedeutete
gehen und verhungern. In den fruchtbaren Marschgebieten Ostfrieslands
hatten sich im 19. Jahrhundert frühkapitalistisch ähnelnde Verhältnisse
gebildet. Sie glichen denen der Industriestädte. Wenige reiche Bauern
geboten über ein Heer besitzloser Landarbeiter. In Rysum, wo ca 800
Einwohner bis Kriegsende wohnten, gab es 13 Bauern, denen etwa 600 Menschen
auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. Die Lebensbedingungen waren
vielerorts noch unmenschlicher als beim Bauern in der Marsch. Es entstand
die Losung: Auszug aus der Beschreibung
der Wohnsituation in einem Moorkolonistenhaus in Stapelmoorerheide
um 1890: Tagein, tagaus lebte die Familie in einem Raum von 13 Quadratmetern,
der Küche, Wohnstube und Schlafzimmer zugleich ist. Die Fenster
lassen sich nicht öffnen, der Herd qualmt. Sie haben nur 2 Butzen,
- zwei Schlafplätze - für Großvater, Großmutter,
Vater, Mutter und drei Kinder (7, 5 und 3 Jahre). Die älteste Tochter
und der Jüngste schlafen bei den Großeltern in der Butze,
das fünfjährige Mädchen schläft bei den Eltern im
Bett. Um die sittlichen Gefahren abzuwenden, wurde insbesondere von
der Kirche versucht, für die Großeltern einen Platz im Armenhaus
zu organisieren.
Die innere Kolonisation des moorreichen Ostfrieslands wurde im 18./19. Jahrhundert zu einem lohnenswerten Projekt für Preußen. Den in der Regel relativ mittellosen Siedlern wurden viel zu kleine Parzellen überlassen, so daß der unergiebige Boden schnell erschöpft war. Die Erbpacht konnte nicht mehr bezahlt werden und die Kolonisten versanken in bittere Armut. Die jährlichen Einnahmen der Preußen beliefen sich auf stattliche 200.000 Taler. Moordorf als Moorkolonie gehörte zu den kinderreichsten und gleichzeitig ärmsten Dörfern Deutschlands. In den Betten der Lehmkaten übernachteten nicht selten 3 bis 4 Kinder in einem Bett. Bis weit in den Herbst liefen die Kinder barfuß. Dabei ist zu beachten, daß es im Moor wesentlich früher als in anderen Landstrichen friert. Für die Schule hatten die Kinder keine Zeit, da sie früh gezwungen wurden mitzuarbeiten oder zu betteln. Die Jungen und Mädchen landeten vielfach wieder als Knechte oder Mägde beim Bauern.
. Über das Dorf Moordorf hat der Oldenburger
Journalist und Politologe Andreas Wojak ein 324 Seiten spannendes Buch
geschrieben. Es handelt sich um seine Dissertation. |
|