Das
Naturschutzgebiet "Neuenburger Urwald " befindet sich
im ca. 660 ha. großen Landschaftsschutzgebiet Neuenburger
Holz. Der Urwald selbst umfasst ca. 24 ha und ist in der Friesischen
Wehde (Friesland) zwischen den Orten Zetel, Neuenburg und Bockhorn
zu finden. Außer dass die Wege freigehalten werden, bleiben
umgestürzte Bäume kreuz und quer liegen. Liegende Hölzer
werden durch Moose, Flechten und Farne bedeckt. Moose wandeln wie
alle grünen Pflanzen mit Hilfe von Licht anorganischen in organische
Stoffe um. Am stärksten sind sie an dunklen und feuchten Orten
des Neuenburger Urwalds vertreten.
Auf
den abgestorbenen Bäumen haben sich vielfach holzbewohnenden
Pilze angesiedelt. Da Pilze keine Pigmente für die Photosynthese
besitzen müssen sie sich von zersetzenden organischen Material
ernähren. Die Pilze unterstüzen somit das Zersetzen von
Stämmen und Ästen und übernehmen somit eine wichtige
Funktion im Wald.
Der
unter Naturschutz stehende Ilex ist im Urwald ein häufiges
Gewächs, das nicht selten Baumformationen von bis zu 10 m Höhe
erreicht.
Dieser
alte Hutewald bietet mit seinen Jahrhunderte alten Bäumen und
seinem großen Anteil an Totholz einer Vielzahl von seltenen,
bedrohten Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Der Wert des
Neuenburger Urwalds für den Naturschutz ist von europäischem
Rang.
Besonders
negativ wirkten sich in den alten Hutewäldern das Abplaggen der
Krautschicht und das Ausrechen der Falllaubschicht aus. Verwendet
wurde es bei der inzwischen einsetzenden Stallhaltung der Haustiere
zur Schaffung der Lagerstätte. Später wurde es als Dünger
auf die Felder ausgebracht. Die
Bäume entnehmen mit ihren Wurzeln dem tiefen Boden die notwendigen
Mineralien. Im Herbst wird dies durch den Laubfall an die oberste
Bodenschicht zurückgegeben. Durch Ausrechen dieser Falllaubschicht
und Abplaggen der obersten Bodenschicht wird der Nährstoffkreislauf
unterbrochen und der Waldboden immer ärmer an Nährstoffen.
So wurde der Nährstoffkreislauf im Wald unterbrochen, das Material
gelangte zwar auf die Felder, aber es wanderte von hier in die Städte
und von dort über die Flüsse ins Meer. Nur ein relativ geringer
Teil wurde aus den Städten wieder als Dünger herausgebracht und
das nur in einem relativ engen Ring um die Städte.
Der
Neuenburger Urwald hat mit Urwald im eigentlichen Wortsinn nur wenig
zu tun. Ursprünglich war er ein sich selbst überlassenes, mittelalterliches
Schweinemastgebiet (Hutewald, Hütewald oder Hudewald). Einst
war der Urwald ein Almendegebiet. Es lag im Besitz der Dorfgemeinschaft
und wurde neben der Nutzung als Waldweide zur Holznutzung und der
Laub- und Plaggengewinnung für die Viehställe genutzt.
1654
wurde die wirtschaftliche Nutzung des Waldes zur Abholzung durch
Graf Anton Günther untersagt. Zu Beginn des 20. Jh. verlor
der Urwald seine Bedeutung als Waldweide. Die Buchen nutzten die
Möglichkeit die Eichenlichtungen zu besiedeln und überragten
und verdrängten nach und nach die Eichenbestände. Ein
einsetzendes Absterben der Eichen war die Folge. Viele der hohlen,
angefaulten und abgestorbenen Bäume prägen heute das pittoreske
Aussehen des Urwalds.
Viele
Pflanzen sind am Waldboden zu entdecken. Häufig vertreten sind:
Dornfarn,
Frauenfarn, flächendeckende Buschwindröschen, Flattergras,
Klettenlabkraut, Sternmiere, Sauerklee und Goldnessel.
Eine
Broschüre "Das Naturschutzgebiet Neuenburger Urwald"
wurde vom Landkreis Friesland herausgegeben und ist auch über
die Fremdenverkehrsbüros kostenlos zu erhalten. Erstellt wurde
es von Jann Peyrat.
Unter
fachkundiger Leitung werden geführte Spaziergänge angeboten.
Informationen erteilen die Fremdenverkehrsbüros der Gemeinden
Zetel und Bockhorn.
Wälder
allgmein:
Ohne
menschliches Einwirken
wäre Deutschland überwiegend von Wald bedeckt. Auf durchlässigen
Sand- und Kiesböden wie beispielsweise in der Lüneburger Heide hatten
sich Eichenwälder durchgesetzt. Der überwiegende Teil Deutschlands
von Schleswig-Holstein bis in die Alpen wäre ohne menschliche
Eingriffe von Buchenwäldern bedeckt. In größeren Höhen (im Harz
ab 800 m) hätte die Fichten die Vorherrschaft übernommen.
Auf
großen Eichenwaldlichtungen hätten sich Kiefern- und
Birkenbestände durchgesetzt. Bergahorn, Spitzahorn, Birke,
Esche, Wildkirsche, Wildapfel und Hainbuche hätten sich auf
den Buchenwaldlichtungen angesiedelt.
Leider
kam es im Mittelalter
in den Siedlungen immer wieder zu Bränden. Viele Häuser waren
mit Reet oder Stroh gedeckt und somit stark brandgefährdet.
Deshalb wurde zur Verhinderung von Bränden zwischen den Häusern
eine relativ brandresitente Eichenschneise angelegt. War die Feuergefahr
nicht zu groß, konnten auch Linden diese Aufgabe übernehmen.
Eichen
und Linden dienten auch einem weiteren Zweck: Eichen lieferten
Futter für die Schweine, Linden für die Bienen und damit
den Menschen den Honig.
In
dicht bewachsenen Eichenwäldern waren die Eichelerträge
recht gering. Die Bäume trugen nur in größeren zeitlichen
Abständen, so dass die Eichelerträge zur Schweinemast nicht
ausreichten. Frei und großzügig stehende Eichen tragen
in jedem Jahr. Auf den Weidegebieten zur Schweinemast wurden daraufhin
Eichen in relativ großen Abständen gepflanzt. Heute
gibt es neben dem Neuenburger Urwald noch viele Reste dieses einstigen
Hutewaldes, den wir heute vielfach als Urwald bezeichnen,z. B. den
Urwald bei der Sababurg in der Nähe von Kassel. Auch sie sind ein
sich selbst überlassenes, mittelalterliches Schweinemastgebiet.
weitere
Quellen:
Prof.
Dr. Karl-Ernst Behre: Der Neuenburger Urwald - ein Denkmal der Kulturlandschaft.
Eine hervorragendes Buch, sehr leserlich für jedermann geschrieben!!
Karl-Ernst Behre ist Geobotaniker.
Hermann Remmert: Naturschutz. Heidelberg: Springer, 1990
http://www.friesische-wehde.de/newversion/urwald.htm
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