Die Entstehung des Etzeler Salzstockes


Vor ca. 260 Millionen Jahren entwickelten sich die großklimatischen Verhältnisse auf unserer nördlichen Erdhälfte in immer größerem Umfang zu einem extremen Wüstenklima. Ungefähr zeitgleich senkte sich der Festlandsockel unter das Niveau des Meeresspiegels. Dadurch wurden gewaltige Gebiete der Nordhalbkugel überflutet. So entstanden verschiedene Flachwasserbecken, die zum einen voneinander, aber im besonderen vom Weltmeer, durch untermeerische Rücken (sogenannte Schwellen) getrennt waren. Im Zuge der Überflutung wurden zunächst die mit dem Meerwasser aufgeschwemmten, nicht gelösten Bestandteile wie Sand, Kies und Ton abgelagert.

 

Bildung der marinen Salzlagerstätten

Die Faktoren:

Wegfall des Wasseraustausches mit dem Weltmeer,
minimale Niederschläge
und starke Sonneneinstrahlung

führten zwangsweise zur Verdunstung der Wassermassen und zur Konzentration der im Meerwasser gelösten Salze mit einer abschließenden Kristallbildung. Da am schwersten in Wasser löslich, sanken zuerst die Karbonate (Kalkgesteine), danach die Sulfate (Gipse) auf den Boden ab. Als letztes kamen die Steinsalze, die Kalisalze und das Carnallit zur Abscheidung und Ablagerung.
Nach weiteren 30 Millionen Jahren veränderte sich wiederum die Verteilung von Land und Meer. Die in unserem Raum mittlerweile 500 bis 1000 Meter starken Salzschichten wurden von Buntsandstein, Muschelkalk und jüngeren Gesteinsarten bis zu Kreideformationen überlagert.
Die massive Salzschicht wurde durch die immer schwerer werdende Deckgebirgsschicht und einem nachgebenden Untergrund in eine Tiefenlage von ungefähr 5000 Meter gedrückt. Die dort herrschenden Temperaturen und Druckverhältnisse brachten die Salze in einen fließfähigen Zustand. Dieser Umstand führte zunächst zu abgegrenzten und unterschiedlichen Stärken der vormals gleich starken Salzschicht. An Stellen, wo die Deckgebirgsschicht besonders ausgeprägt war, wurde das Salz verdrückt und wanderte in Zonen mit einer geringer gewichtigen Deckschicht und führte dort wiederum zu einer Verdickung dieser partiellen Salzschicht.

Erst vor ca. 80 Millionen Jahren ereigneten sich für die Salzstockbildung entscheidende Vorgänge. Weltweite Erdmassenbewegungen (Tektonik) ließen sowohl in den Deckgebirgen als auch in den Untergründen Schwächezonen entstehen, in die sich das "fließende" Salz hineindrücken konnte. Die Deckgebirgsschichten wurden in den Schwächezonen somit von den Salzen zur Seite gedrängt. Durch den andauernden Nachschub der fließenden Salze verringerte sich die Salzstärke in dem Maße wie er in dem entstehenden Salzstock anstieg.

Anfangsstadium

 


Mittelstadium

In Extremfällen führten die gewaltigen Fließvorgänge dazu, daß der Etzeler Salzstock eine Mächtigkeit von ungefähr 4000 Meter hat. Die Salzschicht in 10 Kilometer Entfernung kann durch diese Vorgänge auf eine Dicke von 100 Meter, oder ganz verschwunden sein.


Iststadium bei Etzel, Sande und Arngast (Leuchtturm im Jadebusen)

Der jetzt in hochliegenden Schichten geformte Salzstock hat durch die anderen Temperaturverhältnisse weitgehend seine Fließfähigkeit verloren und eignet sich vorzüglich zur Hohlraumaussolung zwecks anschließender Nutzung zur Rohstoffaufnahme.

nach: Dr. J. Hentschel, Dipl.-Geologe; Entstehung der Salzlagerstätten und Salzstöcke in Norddeutschland

 


nach: Jaritz 1973; die Aufragungen des Zechsteinsalzes im Untergrund Ostfrieslands

 

Die wirtschaftliche Bedeutung der Salzstöcke

 

Die Salzstöcke sind wirtschaftlich sehr bedeutend, denn sie werden zur Lagerung von Erdöl und Erdgas verwendet. In den Salzstöcken von Rüstringen und Etzel sind tiefe zigarrenförmige Kavernen ausgesolt (ausgespült).

Der Vorgang der Kavernenerstellung ist verblüffend einfach. Große Bohrtürme treiben überdimensionale Bohrer bis zu einer Tiefe von 1800 m in den Salzstock hinein. Danach werden die erforderlichen Spülvorgangsrohre in die Bohrung eingefahren. Durch das Spülrohr wird das der Jade (Wilhelmshaven) entnommene Wasser in den Salzstock eingespült. Durch diesen Vorgang löst sich das Salz im Wasser und wird als hochangereicherte Sole durch das Rohrsystem wieder herausgepumpt. Um ein Ausspülen des Kavernendaches zu verhindern, wird als Schutzflüssigkeit Heizöl -"Blanket"- in die Kaverne gedrückt, es schwimmt auf dem Solewasser

Die Wasserentnahmestelle und die IVG- Pumpstation für das Spülwasser befindet sich am Kopf der Wilhelmshavener Niedersachsenbrücke an der Außenjade. An gleicher Stelle wird auch die gesättigte Sole in das Gezeitenwasser gedrückt. Diese nicht unstrittige Einleitung wird ständig kontrolliert, Meeresbiologen überwachen die Konsistenz des Jadewassers und die Auswirkungen über die biologischen Vorgänge im Einleitungsumfeld.

Den Spülvorgang unterbrechend, geben echometrische Messungen über Form und Größe des entstehenden Speichers einen Aufschluß. Hat der Hohlraum seine vorgesehene Größe mit einem Durchmesser von maximal 35 m und einer Höhe von ungefähr 400 bis 650 m erreicht, werden die Spülrohre durch Einfüllstränge ersetzt. Danach kann schon mit dem Befüllen der Kavernen mit Mineralölen oder mit Gas begonnen werden. Das auf den Spiegel des Spülwassers gedrückte Öl verdrängt über das Standrohr das Inhaltswasser. Da Öl auf Wasser schwimmt, kann im Umkehrschluß eine Kaverne auch leicht entleert werden. Zu diesem Zweck wird Wasser hineingepumpt und drückt das Öl wieder aus der Kaverne heraus.


nach Schmacke, 1971

Die Lagerkapazitäten in Rüstringen betragen ca. 7 Millionen Kubikmeter. In Etzel befinden sich 52 Kavernen, wovon 29 für die Speicherung von Gas und 23 für Öl zugelassen sind. Der Hohlraum ist inzwischen 29 Millionen Kubmeter ( Stand 2011) .130 Kavernen sollen bis 2025 durch IVG Caverns zur Verfügung stehen.

Nachdem die Seeleitungen Europipe 1 und 2 von den norwegischen Förderfeldern nach Dornum verlegt wurden, war der Weg frei für eine NETRA-Direktverbindung zu den Kavernenfeldern nach Etzel. Auf einer relativ kleinen Fläche sind hier rund fünfzig unterirdische Behältnisse durch Zu-und Ableitungen miteinander verbunden.

Die Pipeline konnte 1999 in Betrieb genommen werden. Sämtliche Ein- und Ausspeicherungsvorgänge werden von der Statoil-Betriebszentrale im norwegischen Bygness elektronisch gesteuert. Via Satellit gehen dort die Daten über Temperatur, Zusammensetzung, Druck und Menge ein.


Kavernenkopf in Etzel

 

 

 



aus: R. Sedlacek, Untertage-Erdgasspeicherung in Deutschland,
URBAN-VERLAG Hamburg/Wien GmbH

 

weitere Informationen
Dipl. Ing. R. Sedlacek, Niedersäschsisches Landesamt für Bodenforschung,
Referat Kohlenwasserstoffgeologie, Stillweg 2, 30655 Hannover