Deich von Schillig, 1939, SammlungWürth
Blick von den Dünen bei Schoorl
Küste mit Netzflickern
In der Nähe des Paradieses, 1951,
©VG Bildkunst Bonn, 2013
Der Spatz, 1942,
Privatbesitz
Abb. der Gemälde Franz Radziwill Gesellschaft
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Als zweijähriges Projekt angelegt, widmet sich die Franz Radziwill
Gesellschaft dem zentralen Sujet im Oeuvre des norddeutschen
Künstlers: der Natur. In zwei aufeinander folgenden Ausstellungen
kontrastieren frühe Bilder urwüchsiger Landschaft mit
harter Zivilisationskritik.
Für Franz Radziwill war das Naturerlebnis existenziell. Land und
Meer, Flora und Fauna stellten als Inspiration und Kraftquelle
das Kontinuum seiner Malerei dar. Initialzündung für die Hingabe
an die Natur war das selbstgewählte Leben in Dangast
nahe der Nordseeküste. In der spröden Region, die von den
Gezeiten beherrscht wird, ließ er sich im Jahr 1923 für immer
nieder. Dangast war für den Künstler ein magischer Ort und
Fundament seines künstlerischen Schaffens zugleich.
Im ersten Teil der Gesamtschau, 2013, werden Motive präsentiert,
die noch eine harmonische Verbindung von ursprünglicher
und kultivierter Natur vermitteln. Intensiv widmete sich
Franz Radziwill den Ansichten seiner unmittelbaren Umgebung.
Getreidefelder und Äcker, Deich und Strand wurden großformatig
auf die Leinwand gebracht. Nur selten als unberührte Idylle
erfasst, wird die Natur vielmehr als elementar menschlicher
Daseinsraum dargestellt, in dem dörfliche Gefilde oder einzelne
Reetdachhäuser eingebettet sind.
Neben weiträumigen Panoramen, die den Blick
bis zum Horizont gewähren, entstand eine Vielzahl
ausschnitthafter Nahsichten. Gräser und Pilz, Spatz
und Vogelnest lassen eine sensible Beobachtungsgabe
und künstlerische Detailfreude spürbar
werden. Die kleinformatigen Gemälde erscheinen
wie Momentaufnahmen einzelner Entdeckungen
und belegen gleichsam den Einfluss der botanischen
Studien Albrecht Dürers.
Nachdem Radziwills
Frühwerk sich deutlich
vom Expressionismus
geprägt zeigt, wurden
dieWerke ab Mitte der
20er Jahre detailgetreuer
komponiert. Damit folgte
eine verstärkte Ausrichtung
an altmeisterlicher
Malweise, die der Künstler in seinem
Spätwerk mit einer eigenwilligen
Symbolik zusammenführte und zur
Perfektion brachte. Doch während
sich die Formen seiner Anschauung
wandelten, blieb der Gehalt davon
unberührt: Natur in all ihren Facetten
stand im Mittelpunkt seinerWahrnehmung
und findet sich auch in
den Stillleben in Form einer Blüte
oder Frucht wieder.
Rund 30 ausgewählte Leihgaben aus
Museen und Privatbesitz werden in der aktuellen Ausstellung
gezeigt. Ansichten der nordwestlichen Küstenregion bilden den
Schwerpunkt derWerke, die aus der Zeit zwischen 1920 und
1958 stammen.
Zur Darstellung eines positiv empfundenen Naturraums tritt
in den späten 50er Jahren die Kritik ihrer problematischen
Störung durch den Menschen, deren bildnerische Umsetzung
in der Ausstellung 2014 ausführlich behandelt wird. Im Rahmen
der Gesamtschau ergibt sich damit ein Zeugnis von einst
gelebter Naturverbundenheit in ländlicher Sphäre und den
Auswirkungen von Technisierung, Urbanisierung und dem
aufkommendem Massentourismus an der Nordseeküste.
Begleitend erscheint im Frühjahr 2014 ein umfassender und
reich illustrierter Katalog, in dem alleWerke der Ausstellungen
2013 und 2014 anschaulich gegenübergestellt werden.
„Am6.2. gerade auf meinem Geburtstagwar ich in Dangast.
Trotzdem es kalt war,war es für mich herrlich
in dieser tief bewegten Luft, grau und tiefblau.
Eswar gerade sehr stark Ebbe und dieWatten lagen
ganz bloß aber so reinwie dasWasser.“
Franz Radziwill, 1921
Im zweiten Teil des Projekts stehen
Werke imVordergrund, die eine
kritische Stellungnahme des Malers
zur Umweltgefährdung wiedergeben.
Daneben wird sein persönliches
Eintreten für den Naturschutz
in den Fokus gesetzt.
Die Landschaft am Jadebusen
wurde nicht zuletzt durch den
ZweitenWeltkrieg zerstört.
Als Folge des Aufschwungs der
Wirtschaftswunderära brach der Tourismus in das stille
Kleinod Dangast ein undWohnwagenkolonien bedeckten
den Küstenstreifen.
Durch profitgesteuerte Modernisierungsmaßnahmen sah
Radziwill den natürlichen Raum erneut gefährdet. Mit großer
Skepsis registrierte er denWandel seiner Umgebung und
stellte sich gegen die Zersiedlung abgeschiedener Landstriche
und Dörfer. Damit nimmt die Naturdarstellung mehr
als eine Dimension ein und tendiert zwischen Schönheit
und Bedrohung. Radziwills „realistischer Symbolismus“ wird
zur eindringlichen Botschaft seine Anklage.
Über das Kunstschaffen hinaus setzte sich Franz Radziwill
in seinerWahlheimat für den Erhalt derWattenregion ein
und war in den 60er Jahren als Vogelschutzwart aktiv.
Parallel zur Ausstellung im Franz Radziwill Haus wird das
vehemente Engagement des Künstlers im Schlossmuseum
Jever ausführlich dokumentiert.
Im Rahmen der Kooperation werden in Dangast ab 30. März
und in Jever ab 6. April 2014 zahlreiche Ansichten von Küste
undWattenmeer vorgestellt – darunter herausragende Beispiele
einer zivilisationskritischen Malerei, die bis heute nicht
an Aktualität verloren hat.
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Öffnungszeiten
Mi bis Fr 15-18 Uhr, Sa/So und Feiertag 11-18 Uhr
(24./25. und 31.12.2013 geschlossen)
Eintritt
Erwachsene 3,50 € | Gruppenermäßigung ab 15 Personen 2,00 €
Kinder bis 6 Jahre frei | Schüler/Studenten mit Ausweis 2,00 €
Schulklassen inkl. Begleitpersonen pauschal 25,00 €
Führungen
Preise
Erwachsene 3,00 € | Schüler/Studenten mit Ausweis 1,50 €
Gruppen und Schulklassen 35,00 € (jeweils zzgl. Eintritt)
Termine
Öffentliche Führungen an folgenden Sonntagen
um jeweils 11.30 Uhr
7.4., 5.5., 2.6., 7.7., 4.8., 1.9., 6.10., 3.11.2013, 1.1. und 5.1.2014
Für Gruppen und Einzelpersonen, Schulklassen und Kindergruppen
besteht bei telefonischer Anmeldung die Möglichkeit,
jederzeit eine Führung – auch außerhalb der Öffnungszeiten –
zu buchen.
Veranstaltungen
Erwachsene 3,00 €
Schüler/Studenten mit Ausweis 1,50 €
(zzgl. Eintritt)
www.radziwill.de
Radziwill-Gesellschaft@t-online.de |
Begleitprogramm
Veranstaltungen im Franz Radziwill Haus
Beginn jeweils 11.30 Uhr
Teilnahme pro Person 3,00 € zzgl. Eintritt | Mitglieder frei
19.Mai 2013 Spielarten der Gegenwartskunst -
Malen zwischen Tisch und Bett
4. Dangaster Künstlergespräch
Jan Bouman und Beatrix Fey, Enschede/NL
9. Juni 2013 Zwiegespräche
Kammermusik, Violoncello-Duo
Ralph-Detlev und Angelica Jerzewski, Bremen
14. Juli 2013 FaszinationWattenmeer
Vortrag
Lars Klein, Leiter Nationalparkhaus, Dangast
11. August 2013 Natur imAuge desMalers –
Von der Antike bis zumExpressionismus
Vortrag
Stephanie Gans M.A., Hamburg
25. August 2013 „Kein Bild vonmir ist ohne Dangastmöglich”
Vortrag
Prof. Dr. Dr. Gerd Presler,Weingarten/Karlsruhe
8. September 2013 Erlebnis Dangast
Lesung aus Briefen Franz Radziwills anWilhelmNiemeyer
Ivo Kügel, Oldenburg und Konstanze Radziwill, Dangast
20. Oktober 2013 ImGras erwacht das Dunkel
Lyrik von Inge Buck, Ulrike Kleinert, Anna Inge Radziwill
Inge Buck, Ulrike Kleinert, Bremen und Konstanze Radziwill
17. November 2013 Kuratorenführung
Birgit Denizel M.A., Oldenburg
1. Dezember 2013 Adventsmatinee
Lesung und Musikmit jungen Künstlern
12. Januar 2014 Finissage
Rückblick und Vorschau |