In der Nähe des Paradieses
Der Maler entdeckt die Natur

24.März 2013 bis 12. Januar 2014
Franz Radziwill Haus · Sielstraße 3 · 26316 Varel/Dangast

Telefon 04451|27 77

Schillig
Deich von Schillig, 1939, SammlungWürth

Dünen bei Schoorl
Blick von den Dünen bei Schoorl

Küste mit Netzflickern
Küste mit Netzflickern

In der Nähe des Paradieses
In der Nähe des Paradieses, 1951, ©VG Bildkunst Bonn, 2013


Der Spatz, 1942, Privatbesitz

Abb. der Gemälde Franz Radziwill Gesellschaft

 

Als zweijähriges Projekt angelegt, widmet sich die Franz Radziwill Gesellschaft dem zentralen Sujet im Oeuvre des norddeutschen Künstlers: der Natur. In zwei aufeinander folgenden Ausstellungen kontrastieren frühe Bilder urwüchsiger Landschaft mit harter Zivilisationskritik.

Für Franz Radziwill war das Naturerlebnis existenziell. Land und Meer, Flora und Fauna stellten als Inspiration und Kraftquelle
das Kontinuum seiner Malerei dar. Initialzündung für die Hingabe an die Natur war das selbstgewählte Leben in Dangast nahe der Nordseeküste. In der spröden Region, die von den Gezeiten beherrscht wird, ließ er sich im Jahr 1923 für immer nieder. Dangast war für den Künstler ein magischer Ort und Fundament seines künstlerischen Schaffens zugleich.


Im ersten Teil der Gesamtschau, 2013, werden Motive präsentiert, die noch eine harmonische Verbindung von ursprünglicher und kultivierter Natur vermitteln. Intensiv widmete sich Franz Radziwill den Ansichten seiner unmittelbaren Umgebung. Getreidefelder und Äcker, Deich und Strand wurden großformatig auf die Leinwand gebracht. Nur selten als unberührte Idylle
erfasst, wird die Natur vielmehr als elementar menschlicher Daseinsraum dargestellt, in dem dörfliche Gefilde oder einzelne Reetdachhäuser eingebettet sind.

Neben weiträumigen Panoramen, die den Blick bis zum Horizont gewähren, entstand eine Vielzahl ausschnitthafter Nahsichten. Gräser und Pilz, Spatz und Vogelnest lassen eine sensible Beobachtungsgabe und künstlerische Detailfreude spürbar werden. Die kleinformatigen Gemälde erscheinen wie Momentaufnahmen einzelner Entdeckungen und belegen gleichsam den Einfluss der botanischen Studien Albrecht Dürers.

Nachdem Radziwills Frühwerk sich deutlich vom Expressionismus geprägt zeigt, wurden dieWerke ab Mitte der 20er Jahre detailgetreuer komponiert. Damit folgte
eine verstärkte Ausrichtung an altmeisterlicher
Malweise, die der Künstler in seinem
Spätwerk mit einer eigenwilligen Symbolik zusammenführte und zur Perfektion brachte. Doch während sich die Formen seiner Anschauung
wandelten, blieb der Gehalt davon unberührt: Natur in all ihren Facetten stand im Mittelpunkt seinerWahrnehmung und findet sich auch in
den Stillleben in Form einer Blüte oder Frucht wieder.

Rund 30 ausgewählte Leihgaben aus
Museen und Privatbesitz werden in der aktuellen Ausstellung gezeigt. Ansichten der nordwestlichen Küstenregion bilden den Schwerpunkt derWerke, die aus der Zeit zwischen 1920 und 1958 stammen.

Zur Darstellung eines positiv empfundenen Naturraums tritt in den späten 50er Jahren die Kritik ihrer problematischen Störung durch den Menschen, deren bildnerische Umsetzung in der Ausstellung 2014 ausführlich behandelt wird. Im Rahmen der Gesamtschau ergibt sich damit ein Zeugnis von einst gelebter Naturverbundenheit in ländlicher Sphäre und den Auswirkungen von Technisierung, Urbanisierung und dem
aufkommendem Massentourismus an der Nordseeküste.


Begleitend erscheint im Frühjahr 2014 ein umfassender und reich illustrierter Katalog, in dem alleWerke der Ausstellungen 2013 und 2014 anschaulich gegenübergestellt werden.
„Am6.2. gerade auf meinem Geburtstagwar ich in Dangast. Trotzdem es kalt war,war es für mich herrlich
in dieser tief bewegten Luft, grau und tiefblau.
Eswar gerade sehr stark Ebbe und dieWatten lagen
ganz bloß aber so reinwie dasWasser.“
Franz Radziwill, 1921

 

Im zweiten Teil des Projekts stehen Werke imVordergrund, die eine
kritische Stellungnahme des Malers zur Umweltgefährdung wiedergeben. Daneben wird sein persönliches Eintreten für den Naturschutz in den Fokus gesetzt. Die Landschaft am Jadebusen
wurde nicht zuletzt durch den ZweitenWeltkrieg zerstört.
Als Folge des Aufschwungs der Wirtschaftswunderära brach der Tourismus in das stille Kleinod Dangast ein undWohnwagenkolonien bedeckten den Küstenstreifen. Durch profitgesteuerte Modernisierungsmaßnahmen sah Radziwill den natürlichen Raum erneut gefährdet. Mit großer Skepsis registrierte er denWandel seiner Umgebung und stellte sich gegen die Zersiedlung abgeschiedener Landstriche und Dörfer. Damit nimmt die Naturdarstellung mehr
als eine Dimension ein und tendiert zwischen Schönheit
und Bedrohung. Radziwills „realistischer Symbolismus“ wird
zur eindringlichen Botschaft seine Anklage. Über das Kunstschaffen hinaus setzte sich Franz Radziwill in seinerWahlheimat für den Erhalt derWattenregion ein und war in den 60er Jahren als Vogelschutzwart aktiv.
Parallel zur Ausstellung im Franz Radziwill Haus wird das vehemente Engagement des Künstlers im Schlossmuseum Jever ausführlich dokumentiert. Im Rahmen der Kooperation werden in Dangast ab 30. März und in Jever ab 6. April 2014 zahlreiche Ansichten von Küste
undWattenmeer vorgestellt – darunter herausragende Beispiele
einer zivilisationskritischen Malerei, die bis heute nicht an Aktualität verloren hat.


 

Öffnungszeiten


Mi bis Fr 15-18 Uhr, Sa/So und Feiertag 11-18 Uhr
(24./25. und 31.12.2013 geschlossen)

Eintritt
Erwachsene 3,50 € | Gruppenermäßigung ab 15 Personen 2,00 €
Kinder bis 6 Jahre frei | Schüler/Studenten mit Ausweis 2,00 €
Schulklassen inkl. Begleitpersonen pauschal 25,00 €

 

Führungen
Preise
Erwachsene 3,00 € | Schüler/Studenten mit Ausweis 1,50 €
Gruppen und Schulklassen 35,00 € (jeweils zzgl. Eintritt)

Termine
Öffentliche Führungen an folgenden Sonntagen
um jeweils 11.30 Uhr
7.4., 5.5., 2.6., 7.7., 4.8., 1.9., 6.10., 3.11.2013, 1.1. und 5.1.2014
Für Gruppen und Einzelpersonen, Schulklassen und Kindergruppen
besteht bei telefonischer Anmeldung die Möglichkeit,
jederzeit eine Führung – auch außerhalb der Öffnungszeiten –
zu buchen.

Veranstaltungen
Erwachsene 3,00 €
Schüler/Studenten mit Ausweis 1,50 €
(zzgl. Eintritt)

www.radziwill.de
Radziwill-Gesellschaft@t-online.de

Begleitprogramm


Veranstaltungen im Franz Radziwill Haus

Beginn jeweils 11.30 Uhr
Teilnahme pro Person 3,00 € zzgl. Eintritt | Mitglieder frei

19.Mai 2013 Spielarten der Gegenwartskunst -
Malen zwischen Tisch und Bett
4. Dangaster Künstlergespräch
Jan Bouman und Beatrix Fey, Enschede/NL

9. Juni 2013 Zwiegespräche
Kammermusik, Violoncello-Duo
Ralph-Detlev und Angelica Jerzewski, Bremen

14. Juli 2013 FaszinationWattenmeer
Vortrag
Lars Klein, Leiter Nationalparkhaus, Dangast

11. August 2013 Natur imAuge desMalers –
Von der Antike bis zumExpressionismus
Vortrag
Stephanie Gans M.A., Hamburg

25. August 2013 „Kein Bild vonmir ist ohne Dangastmöglich”
Vortrag
Prof. Dr. Dr. Gerd Presler,Weingarten/Karlsruhe

8. September 2013 Erlebnis Dangast
Lesung aus Briefen Franz Radziwills anWilhelmNiemeyer
Ivo Kügel, Oldenburg und Konstanze Radziwill, Dangast

20. Oktober 2013 ImGras erwacht das Dunkel
Lyrik von Inge Buck, Ulrike Kleinert, Anna Inge Radziwill
Inge Buck, Ulrike Kleinert, Bremen und Konstanze Radziwill

17. November 2013 Kuratorenführung
Birgit Denizel M.A., Oldenburg

1. Dezember 2013 Adventsmatinee
Lesung und Musikmit jungen Künstlern

12. Januar 2014 Finissage
Rückblick und Vorschau