Innmitten
der Ruhezone östlich von Norden befindet sich bei Hilgenriedersiel
ein kleines Stück Zwischenzone im Nationalpark Niedersächsisches
Wattenmeer. Hier darf eine alte Badestelle (die einzige naturbelassene
an der ostfriesischen Nordseeküste) weiterhin als Badestelle
oder Strand genutzt werden. Es gibt nichts außer einem Zugangsweg
inmitten der Salzwiesen mit bizarren Formen an den Abbruchkanten.
Nicht einmal eine Toilette ist vorhanden. In Blickweite ist Norderney
mit dem Leuchtturm als Wahrzeichen zu sehen. Es ist ein ruhiges
Plätzchen mit eigenem Charme.
Als
Ausgleich für Küstenschutzmaßnahmen an der Leybucht
mit umfangreichen Deichverstärkungs- und Neubaumaßnahmen,
die zur negativen Beeinflussung des Wasserhaushalts mit der Beeinträchtigung
wertvoller Naturflächen führte, wird der Lütetsburger
Sommerpolder mit Aufwertungsmaßnahmen bedacht. Diese Renaturierungsmaßnahmen
sollen den Lütetsburger Sommerpolder bis Hilgenriedersiel
qualitativ als Bruthabitat für Wiesenvögel erhöhen.
In Teilbereichen soll die Ansiedlung von standorttypischen Pflanzen
gefördert werden.
Als
Baumaßnahme werden:
- Gräben
aufgeweitet
- flache
Mulden bzw. Blänken abgeschoben
- Grabenabflüsse
verschlossen
- Salzwasserzufuhr
erhöht.
In
Scharen überwintern Weißwangengänse (Nonnengänse)
und Graugänse auf den außendeichs liegenden Salzwiesen
und Weiden. Ab Ende Oktober treffen sie nach und nach ein.
Der
Postwagen
Von
Hilgenriedersiel verkehrte bis 1879 eine Postlinie mit dem damaligen
Staatsbad Norderney. Die Fahrt vom Postamt Norden über Hage,
Hilgenriedersiel bis zum Postamt Norderney dauerte zwischen 3,5
und 4 Stunden. Der Wattenpostwagen diente dem Post- und dem Personenverkehr.
Pro Jahr beförderte man 300 bis 500 Personen. Wegen verschiedener
Unfälle wurde 1876 der Personenverkehr eingestellt. Östlich
des heutigen Badestrandes erreichte der Postwagen das Watt.
Hilgenriedersiel
liegt in der Luftlinie nur 4 bis 5 km von Norderney entfernt.
Vor dem Deich beginnt ein Mischwatt mit hohem sandigen Anteil,
das bei Niedrigwasser ein Befahren mit breiträdrigen Wagen
ermöglicht. Auf der Strecke durch das Watt war es möglich,
alle Priele zu umfahren. Die Strecke verlief westlich des Riffgats
in Richtung Blüse (=Leuchtfeuer)
in der Nähe der Wattscheide (auf der einen Seite der Wattscheide
fließt das Wasser in Richtung Seebalge; auf der anderen
Seite in Richtung Riffgat = ähnlich wie Wasserscheide) und
war durch Pricken in geringen Abständen gekennzeichnet. In
den tiefsten Wattbereichen war bei Niedrigwasser eine Wassertiefe
von 0,5 bis 1 m und das Wasser reichte an diesen Stellen nicht
einmal bis zum Bauch der Pferde. Inzwischen war die auch heute
noch auf einer der südlichen Dünen vorhandene Postbake
auf Norderney deutlich sichtbar. Auf dem Sandwatt südlich
von Norderney und dem Sandstrand auf Norderney konnte die Fahrt
in Richtung Westdorf fortgesetzt werden. Hilgenriedersiel war
vor ca. 150 Jahren ein bescheidenes Zentrum zur Versorgung der
Inselbevölkerung.
Zeiungsbericht
vom 28.12.1889
Der Fuhrmann A. Uphoff aus Norderney hatte mit seinem Gespann
in Norden ein Fuder Heu geholt und wurde auf der Rückfahrt
durchs Watt, bei dichtem Nebel vom Wege abkommend, von der Flut
überrascht. Die Pferde wurden mit abgeschnittenen Strängen
tot auf Baltrum angetrieben, die Leiche Uphoffs bei Neßmersiel
gefunden.